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Dincer Gücyeters Romandebüt "Unser Deutschlandmärchen" ist ein Familienroman und hat mit sogenannter Gastarbeiterliteratur herzlich wenig zu tun. Den Autor schert das kaum, denn es trifft ja zu, seine Eltern sind dem Zug der türkischen Gastarbeiter gefolgt, die sich in den 60er-Jahren für ein hartes, aber besseres Leben in Deutschland entschieden haben. Und doch ist dieser Roman etwas Besonderes und hat dafür 2023 den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen.

Von Dincer selbst, seiner Mutter Fatma und seiner Sippe, die sich in Nettetal im Ruhrgebiet niedergelassen haben, handelt sein Roman. Und davon, dass in einer Umgebung, in der die deutsche Sprache zunächst wie ein Steinbruch vor den Menschen stand, ein Kind heranwächst, dem genau diese Sprache zum Inbegriff wird, was es im Leben erreichen will.

Dabei ist es völlig egal, wo er die Worte aufgeschnappt hat. Ob als Jugendlicher bei der Ausländerbehörde, wo er für seine Angehörigen übersetzen musste, in der Kneipe seines Vaters oder im Bordell seines Onkels Mustafa, wo er Betten bezieht und Geschirr spült, selbst während seiner Ausbildung zum Werkzeugmechaniker bekommt er wertvolle Hinweise. Und nebenher liest er Hölderlin, Heinrich Heine und Tschechow und sammelt Erfahrungen am Theater. Seiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Gestartet ist Dincer Gücyeter als Lyriker, und für seinen Lyrikband "Mein Prinz, ich bin das Ghetto" erhielt er 2022 den Peter-Huchel-Preis.