Neuer Anlauf für das Scherer-Areal
Magistrat befürwortet Konzept des neuen Eigentümers
Initiativen zur Entwicklung des Scherer-Areals gab es über die Jahrzehnte schon mehrere, doch nun sind die Aussichten überaus gut, dass tatsächlich eine sichtbare bauliche Veränderung der ehemaligen Kognak- und Likörfabrik in der Altstadt in Angriff genommen wird: Der Magistrat befürwortet ein Konzept des aktuellen Eigentümers, der als Hauptnutzung Wohnen, aber auch in kleinem Umfang Gewerbeflächen vorsieht. Dabei sollen die markanten und altstadtprägenden Fassaden zur Frankfurter Straße und zum Wilhelm-Leuschner-Platz erhalten bleiben.
Seitdem der Betrieb der Dr. Walter Scherer GmbH (davor Georg Scherer & Co.) in den 1960er Jahren eingestellt wurde, hat sich in den Fabrikgebäuden zwischen Frankfurter Straße, Wilhelm-Leuschner-Platz, August-Bebel-Straße, Sonnengässchen und Schafgasse baulich nicht viel getan. Zwar wurde 1990 ein Bebauungsplan aufgestellt, der nach einem Abriss eine zweigeschossige Einzelhausbebauung vorsah, doch diese Pläne wurden nie umgesetzt. Teile der Gebäude sind vermietet, andere ungenutzt.
2016 folgte ein weitere Initiative, als in Absprache mit den Erben des früheren Besitzers ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden sollte, ebenfalls mit dem Ziel, dort überwiegend Wohnraum zu schaffen. Doch auch dazu kam es nicht. Nun aber soll der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan Nr. 38.1 „Scherer-Areal“ wiederaufgenommen werden. Zugrunde liegen wird das Konzept des Architektenbüros MundS im Auftrag der FWB Gruppe Dreieich.
„Das Konzept hat einen entscheidenden Vorteil“, sagt Bürgermeister Jan Werner: „Es ist mit dem Altstadt-Fachmann und Architektur-Professor Frank Oppermann abgestimmt und wird von ihm ausdrücklich befürwortet. Und an seiner Expertise gibt es wohl keine Zweifel.“
Einfach war es nicht, eine Neubebauung des Areals zu planen. Denn das Grundstück ist nicht rechteckig, sondern vielmehr relativ verwinkelt. Es umfasst etwa 3.580 Quadratmeter des rund 8.500 Quadratmeter großen gesamten Karrees.
Wichtig ist den Planern, dass sich die Bebauung in die Altstadt einpasst. Vorgesehen sind 46 Wohneinheiten überwiegend in neu zu errichtenden Mehrfamilienhäusern. Im Bereich zur Schafgasse wird die historische kleinteilige Bebauung der nördlichen Straßenseite in Form von Wohnhäusern mit Giebel zur Straße aufgegriffen, in der Höhe mit zwei Vollgeschossen plus Staffelgeschoss. Im Inneren des Blocks ist dagegen eine etwas höhere und dichtere Bebauung geplant, auch damit eine wirtschaftliche Ausnutzung des Grundstücks möglich wird. „Insgesamt verringert sich die überbaute Fläche“, hebt Erster Stadtrat Stefan Löbig hervor. Unter dem Areal soll eine große Tiefgarage mit 53 Plätzen entstehen, um den Stellplatzbedarf decken zu können.
„Als Zeugnis der ehemaligen Langener ,Industrie-Architektur‘ sollen die gelben Klinker-Fassaden von Scherer zum Wilhelm-Leuschner-Platz und zur Frankfurter Straße erhalten werden“, sagt Bürgermeister Jan Werner. „Für diese und andere Rahmenbedingungen wird ein städtebaulicher Vertrag für das Areal zwischen dem Eigentümer und der Stadt Langen geschlossen.“
Um möglichst zügig voranzukommen, soll der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren erstellt werden. Die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung vorausgesetzt, könnte bereits ab März die frühzeitige Information der Bürgerschaft und der Behörden beginnen.
Die Kognak- und Likörfabrik war eines der ersten Industrieunternehmen in Langen, ihr Ursprung führt bis in Jahr 1833 zurück. Damals nahm Georg Martin Scherer im Gasthaus „Sonne“ eine kleine Brennerei in Betrieb, die sich unter Kommerzienrat Karl Scherer kräftig ausdehnte und zu einer großen Spirituosenfabrik wurde. Dr. Walter Scherer, der jüngere Sohn des Kommerzienrats, führte mit großem Erfolg die Herstellung von Apfelwein und Fruchtsäften ein. Die Fabrik hatte in ihren besten Zeiten eine Belegschaft von 60 bis 70 Mitarbeitern. Der Versand erfolgte vielfach per Schiff ab dem Frankfurter Hafen – die Produkte gingen auf dem Wasserweg in alle Welt. In den 1960er Jahren war die Dr. Walter Scherer GmbH dann der Konkurrenz von Großbetrieben nicht mehr gewachsen und stellte den Betrieb ein.
Mit dem Konzept zur Wohnbebauung des Scherer-Areals und dem Bebauungsplan beschäftigt sich der Ausschuss für Umwelt, Bau und Verkehr am Mittwoch, 12. Februar. Der Beschluss ist in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 6. März, geplant. Beide Sitzungen beginnen um 20 Uhr im Rathaus.