Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?

Autor Asfa-Wossen Asserate im Gespräch bei Reginas Gäste

Prinz, Autor und profunder Kenner der Deutschen: Asfa-Wossen Asserate ist am 12. Mai Gast bei Regina Heidecke. Foto: Anna Meuer

Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Eigentlich ein Kinderspiel, das immer einen leichten Gruseleffekt ausstrahlte. Dabei hatte es nichts mit der Hautfarbe schwarz zu tun und geriet erst in den vergangenen Jahren unter Rassismus-Verdacht. Aber der äthiopische Prinz und deutsche Staatsbürger Asfa-Wossen Asserate hat unter diesem Titel eine „persönlichen Wortmeldung“ veröffentlicht, um sich in die Debatte über Diskriminierung, Rassismus, Postkolonialismus und Migration einzumischen. Selten erfährt man so viel Positives über die Farbe Schwarz und ihre vielfach anerkannte Schönheit, und gleichzeitig auch über den Kipppunkt, als sich das Schönheitsideal vertauschte, Weiß gegen Schwarz. „Die Hautfarbe, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder zu einem bestimmten Geschlecht macht niemanden zu einem besseren oder schlechteren Menschen“, sagt Asfa-Wossen Asserate. Am Sonntag, 12. Mai, ist er in der Neuen Stadthalle Langen zu Gast bei der Journalistin Regina Heidecke. Das Gespräch in der Reihe „Reginas Gäste“ beginnt um 17 Uhr.

Als Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie wurde Asfa-Wossen Asserate 1948 in Addis Abeba geboren, hat in der dortigen deutschen Schule Abitur gemacht und ging 1968 zum Studium der der Wirtschaft und Jura nach Tübingen, später studierte er Geschichte in Cambridge. In Frankfurt promovierte er am „Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung“ zu Aspekten der äthiopischen Geschichte. In der Zwischenzeit hatten die revolutionären Umbrüche in seinem Land dazu geführt, dass er aus Äthiopien fliehen musste und in Deutschland als politischer Flüchtling Asyl fand, wo er nun seit mehr als 50 Jahren lebt.

Asfa-Wossen Asserate behauptet von sich, in all den Jahren „kaum eine Form der Anfeindung oder Diskriminierung erfahren zu haben“, eine erstaunliche Feststellung, wenn man an die heutigen erhitzten Debatten bis hin zu Gewalttaten denkt. Besonders in diesem „Superwahljahr“, in dem alle gebannt nach Osten schauen, wo die Agenda vor allem von einer Partei bestimmt wird. Mit dem Schlagwort „Remigration“, was so viel bedeutet wie alles Fremde soll aus Deutschland verschwinden, erntete die Partei in den vergangenen Monaten einen anhaltenden Proteststurm bei weiten Teilen der Bevölkerung. Was aber Deutsch sei, das können die Mitglieder dieser Partei nur weltabgewandt beantworten, mit einem erschreckend menschenverachtenden Vokabular und einer rechtsextremistischen Gesinnung voller Ressentiments.

Wer könnte dagegen überzeugender auftreten und argumentieren als Asfa-Wossen Asserate? Berühmtheit erlangte er mit seinem Bestseller „Manieren“ aus dem Jahr 2003, ausgezeichnet mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. Das Buch hat seitdem nichts von seiner Zugkraft verloren und wurde 2018 erneut in „Die Andere Bibliothek“ wiederaufgelegt. Kein Ratgeber à la Adolph Freiherr Knigge, sondern ein sehr kluges und amüsantes Buch, ein zugleich geist- und kenntnisreiches Kompendium europäischer Lebensgestaltung. Der Autor geht von der simplen Frage aus: Wie wollen Menschen zusammenleben? Dabei beschreibt er nicht nur einzelne Phänomene wie „Ehre“, „Aufmerksamkeit und Nachlässigkeit“, „Gleichheit und Ungleichheit“ oder „Die Manieren und die Religion“, sondern er analysiert sie auch soziologisch, oft mit unerwarteten Ergebnissen. Er bewegt sich durch sein Terrain als genauer und erfahrener Beobachter, wie ein Feldforscher deutscher Lebens- und Umgangsformen, mit kulturhistorischer Tiefenbohrung.

„Wenn man sich als Afrikaner fragt, was die Angel ist, um die sich das gesamte System der europäischen Manieren dreht, fällt die Antwort nicht schwer. Was die Europäer von allen anderen Kulturen der Welt unterscheidet, ist die Rolle, die sie der Frau zugewiesen haben. Oder man sollte vielleicht besser sagen: die Erfindung der ,Dame‘.“ Mit diesem rätselhaften Entree in das Thema „Die Dame“ schlängelt sich die Argumentation durch all seine Facetten und gelangt über alle Fallstricke zu einem überraschenden Resümee.

Ganz aktuell ist „Deutsch vom Scheitel bis zur Sohle – Ein Vademecum“ erschienen: ein Alphabet deutscher Eigenheiten, Marotten, Klischees und Wahrheiten. Dass der äthiopische Prinz Deutschland liebt, ist ganz unumstritten, dass er aber auch ein so profunder Kenner der Deutschen ist, das lässt auf einen sehr empathischen, anregenden und unterhaltsamen Abend hoffen.

Regina Heidecke hat in Frankfurt Soziologie, Germanistik und Philosophie studiert, war ab 1978 Redakteurin der Kulturredaktion beim Hessischen Rundfunk sowie von 2001 bis 2014 Schlussredakteurin der Sendung Kulturzeit bei 3sat. Als Filmemacherin realisierte sie für den Hessischen Rundfunk, arte und 3sat Features und Porträts in den Bereichen Theater, Tanz und Ballett, aber auch Magazinbeiträge zu gesellschaftlichen und politischen Themen sowie Reisefilme. Daneben war sie viele Jahre als Ballettkritikerin für hr2 tätig. Als Redakteurin bei Kulturzeit hat sie sich vermehrt den Themen Politik, Bildung, kritischer Journalismus sowie Fragenstellungen zum Islam und dem Nahen Osten zugewendet. Ganz besonders am Herzen lag ihr die Ausbildung und Betreuung von jungen Journalisten und Filmemachern aus Ländern wie dem Irak, Tunesien, Pakistan und Afghanistan in Kooperation mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa). In Workshops hat sie mit dem Goethe-Institut in Syrien, mit dem Institute for War and Peace Reporting (IWPR) im Nordirak, sowie dem Senior Expert Service (SES) in Indonesien zusammengearbeitet. Seit 2015 ist Regina Heidecke freie Journalistin.

Der Eintritt kostet 9,80 Euro. Karten im Vorverkauf gibt es unter www.neue-stadthalle-langen.de (Tickethotline 06103 203-455), in Langen im Reisebüro Mister Travel (Westendstraße 2, Telefon 06103 25021) und im Buchladen am Lutherplatz (Telefon 06103 28717) sowie bundesweit in allen Vorverkaufsstellen von AD Ticket (www.adticket.de, Tickethotline 0180 6050400).

Zurück zum Anfang der Seite springen